Die wichtigsten Aktienmärkte wurden von unterschiedlichen Faktoren beeinflusst: Bei den US-Aktien stellt sich die Frage, ob die steigenden Realrenditen das Gewinnwachstum neutralisieren und den Markt weiter beeinträchtigen werden. Bei den europäischen und chinesischen Aktien sind die Auswirkungen des Krieges in der Ukraine bzw. die Auswirkungen der Covid-Ausbrüche in China die Hauptprobleme.
Der Markt geht derzeit davon aus, dass der US-Leitzins einen Höchststand von 3,3 % erreichen dürfte. Er würde damit fast 60 Basispunkte über dem so genannten neutralen Zinssatz und auf einem Niveau liegen, das als Bremse für das US-Wirtschaftswachstum (und die Inflation) angesehen wird.
Wir glauben, dass eine weitere Straffung erforderlich sein könnte, um die Inflation wieder in Richtung des 2 %-Ziels der Federal Reserve zu bringen. Im Gegensatz zur Eurozone sind die Lohnzuwächse in den USA mit 5 % bis 6 % pro Jahr im Vergleich zum Inflationsziel der Fed zu hoch, so dass eine Phase mit restriktiven Zinssätzen erforderlich ist, um den Lohndruck einzudämmen. Diesen Punkt hat der Fed-Vorsitzende Jerome Powell kürzlich betont.
In Europa, dem Vereinigten Königreich und sogar in Australien tendieren die Zentralbanken inzwischen eher dazu, den Inflationsdruck zu bekämpfen als das Wachstum zu stützen.
Die Unternehmensergebnisse waren bisher zugegebenermaßen ermutigend. Das Gewinnwachstum – ohne den Energiesektor (der ungewöhnlich hohe Wachstumsraten aufweisen dürfte) und den Finanzsektor (für den im Jahresvergleich negative Werte erwartet wurden) –- liegt bei 17 % und übertrifft damit die Erwartungen der Analysten.
Sollte diese Situation unverändert bleiben und sollten sich die Zinserwartungen stabilisieren, dürften sich die US-Märkte – genau wie im ersten Quartal – erholen. Allerdings sind steigende Zinsen in der Regel für die Aktienmärkte alles andere als positiv. In den kommenden Monaten rechnen wir mit einer Verlangsamung des Wachstums, einer hohen, aber rückläufigen Inflation (wenn nicht sofort, dann bald) und mit insgesamt immer noch lockeren Finanzierungsbedingungen, was sich aber wahrscheinlich ändern wird.
Europäische Aktien jetzt untergewichtet
In der Vergangenheit haben sich bei steigenden Zinsen US-Small Caps, Wachstumswerte sowie der Energie- und Gesundheitssektor überdurchschnittlich entwickelt. Die vielleicht bemerkenswerteste Outperformance dürfte jedoch die der nicht-amerikanischen Industrie- und Schwellenländer sein. Da auch die EZB-Politik letztlich zu höheren Zinsen führen wird, ist eine ähnliche Performance in Europa zu erwarten und die Anleger möchten eventuell entsprechend handeln.
Europäische Aktien profitieren immer noch von einer akkommodierenden Geldpolitik, aber davon abgesehen sprechen nur wenige andere Argumente für sie. Seit kurzem haben wir sie daher untergewichtet.
Es mag überraschen, dass die Gewinnschätzungen für den MSCI Europe Index seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine gestiegen sind. Wir halten höhere Gewinne für unwahrscheinlich, selbst wenn man die Auswirkungen der höheren Rohstoffpreise berücksichtigt. Unser Strategieteam weist beispielsweise darauf hin, dass die zukünftigen Kennzahlen europäischer Aktien im Vergleich zur Vergangenheit hoch wirken, wenn man bei der Ermittlung der Kennzahlen die korrekten Gewinne zugrundelegt.
In anderen Sektoren gab es negative Gewinnrevisionen. Werden Rohstoffe ausgeklammert, sinkt die Gewinnwachstumsrate (siehe Diagramm 1).
Konsenserwartungen für das Gewinnwachstum 2022
*Ohne Energie, Düngemittel und Agrarchemikalien, Metalle und Bergbau sowie landwirtschaftliche Erzeugnisse. Quellen: FactSet, BNP Paribas Asset Management, Stand: 29. April 2022
Kauf noch nicht interessant
Der Markt hat sich nur teilweise von den Tiefständen Anfang März erholt. Das bedeutet, dass die Aktienbewertungen im Allgemeinen (noch) nicht auf ein Niveau gefallen sind, das eine vollständige Erholung rechtfertigt, und dass die wahrscheinlichen Abwärtsbewegungen bei den Unternehmensgewinnen und Cashflows noch berücksichtigt werden müssen.
Bislang spiegeln sich die Ereignisse im Russland/Ukraine-Konflikt in den Marktpreisen wider. Mit Blick auf die Zukunft ist es wahrscheinlicher, dass die Situation in nächster Zeit schwierig bleiben wird. Dies löst weiteren Abwärtsdruck auf das Wachstum aus und führt zu Spielraum für eine höhere Inflation, auch aufgrund der Lieferkettenprobleme im Zusammenhang mit den Lockdowns in China.
Schließlich ist ein Teil des offensichtlichen Bewertungsabschlags auf Indexebene – ebenfalls – auf Rohstoffe zurückzuführen. Wenn man die Rohstoffe ausklammert, liegt der Abschlag näher bei Null.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass wir bei einer Erholung der Märkte unsere Short-Position in europäischen Aktien ausbauen würden. Japanische und Schwellenländeraktien sehen wir konstruktiver.
Short-Position in japanischen Staatsanleihen
Die Renditeschwankungen japanischer Staatsanleihen waren auffallend gering, da die Bank of Japan im Rahmen ihrer Renditekurvenkontrollpolitik die Rendite auf 0,25 % begrenzt. Die Inflationserwartungen sind jedoch in Japan fast genauso stark gestiegen wie in den USA (siehe Diagramm 2), und wir erwarten, dass die BoJ auch angesichts der Abwertung des Yen Maßnahmen ergreifen wird.
Konvergenz der Inflationserwartungen in Japan und den USA – Die Grafik zeigt die Entwicklung der 5-Jahres-Breakeven-Inflation (1. Januar 2021 = 0)
Quelle: Bloomberg, Stand: 29. April 2022
Unsere Short-Position in JGBs zielt also darauf ab, einen Zinsschritt der Bank of Japan zu nutzen, wenn sie bei der Bekämpfung der Inflation und einer schwächeren Währung zu den anderen Zentralbanken der Industrieländer aufschließt. Wir halten es für unwahrscheinlich, dass die 10-jährigen JGB-Renditen gegenüber ihrem aktuellen Stand noch viel weiter sinken werden.
Ansichten zur Anlageklasse
Starke Aversion | Aversion | Neutral | Bereitschaft | Starke Bereitschaft | |
Risikobereitschaft* | X | ||||
Anlageallokation | Staatsanleihen | Unternehmensanleihen Immobilien Barmittel | Aktien Rohstoffe | ||
Aktienregionen | Europa ohne UK | USA UK | Japan Schwellenländer | ||
Aktienstil / Marktkapitalisierung | EU Large Cap EU Small Cap US Large Cap US Small Cap | ||||
Staatsanleihen | USA Europa Japan | Schwellenländer Lokal Australien UK Linker | |||
Unternehmensanleihen | US IG US HY Schwellenländeranleihen | EU IG EU HY | |||
Rohstoffe | Edelmetalle | Energie Basismetalle | |||
Devisen | USD, AUD, GBP, EUR, Schwellenländerwährungen | JPY |
* Stand: 29. April 2022; Quelle: BNP Paribas Asset Management
Dies sind Highlights aus unserem monatlichen Anlageallokationsüberblick für Mai.
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